Rückforderung staatlicher Zuwendungen

Unsichere Rechtslage und hohes Risiko für Kommunen

Immer öfter muss sich die Verwaltungsgerichtsbarkeit mit Klagen von Kommunen gegen die Rückforderung staatlicher Zuwendungen befassen. Ausgangspunkt hierzu ist meist die staatliche Rechnungsprüfung, welche lange nach Durchführung des geförderten Vorhabens die Nichteinhaltung zuwendungsrechtlicher Vorgaben moniert. Städten und Gemeinden sind die rechtlichen Risiken, die das Zuwendungsrecht ihnen aufbürdet, oft nicht bewusst. Dies gilt etwa für die einseitige Inhaltsbestimmung von Zuwendungsvorschriften durch den Zuwendungsgeber ohne richterliche Auslegung, die Nichtgewährung von Vertrauensschutz selbst bei vorangegangener Fehlberatung durch die staatliche Behörde oder die zeitlich quasi unbegrenzte Möglichkeit zur Rückforderung samt Zinsen seit dem oft viele Jahre zurückliegenden Erhalt der Fördermittel.

Die Belastungen der Kommunen bei der Erfüllung ihrer umfangreichen Aufgaben und Verpflichtungen sind stark gewachsen. Öffentliche Abgaben und der eigene Vermögenshaushalt als Einnahmequellen reichen zu deren Bewältigung bei weitem nicht aus.  So nimmt es nicht wunder, dass entsprechende Finanzzuweisungen der Länder eine zunehmende Bedeutung erlangt haben. Von den mannigfachen Förderbereichen seien hier beispielhaft genannt Kommunaler Straßenbau, Öffentlicher Personennahverkehr, kommunaler Hochbau, Kindertageseinrichtungen etc.), Wasserwirtschaft und Abwasserbehandlung, kommunales Feuerwehrwesen, Städtebau, Lärmsanierung, Umwelt- und Naturschutz, Wirtschaftsförderung, Ländlicher Raum (Entwicklung des ländlichen Raums, Dorferneuerung, Landschaftspflege, ländlicher Wegebau), Gesundheit (Rettungsdienst, Allgemeine Gesundheitsförderung), Sport, Bildung (Schulbau, Erwachsenenbildung), Wissenschaft, Forschung und Entwicklung, Kulturförderung (Theater, Museen), Soziales (Sozialstationen, Frauenhäuser, Einrichtungen für Behinderte), Familie, Jugend, Kinder (Kindergärten, Kindertagesstätten, Jugendförderung). 

Die Gesamtheit der Vorschriften, welche in den zuwendungsrechtlichen Verfahren zu beachten sind, ist aufs Erste kaum überschaubar. In einer Vielzahl von Förderbereichen bildet das bundesrechtliche Finanzausgleichsgesetz (FAG) die Grundlage. Überwiegend sind für Zuwendungen an Kommunen jedoch landesrechtliche Vorschriften einschlägig, etwa die Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder, die Haushaltsordnungen der Länder, des Weiteren Landesgesetze im jeweils einschlägigen Fachbereich. 

Die eigentliche Komplexität der Rechtsmaterie ergibt sich dann aus der Vielzahl der einschlägigen Verwaltungsvorschriften, Nebenbestimmungen und Zuwendungsrichtlinien. Diese enthalten auch mannigfache technische Vorschriften, welche Qualität, Quantität und Art und Weise der Beschaffung sowie die Zuwendungsfähigkeit der Ausgaben im Einzelnen regeln.

Gerade für kleinere Kommunen ist die Durchführung und Abwicklung zuwendungsfähiger Maßnahmen häufig kein operatives Tagesgeschäft. Gelegentlich ist der zuständige Sachbearbeiter sogar erstmalig mit einem entsprechenden Zuwendungsverfahren befasst, ohne dass er innerhalb der Kommunalverwaltung Kompetenz einholen könnte. Der letzte Bau oder Ausbau einer verkehrswichtigen innerörtlichen Straße, einer Schule, Sporthalle oder einer Kläranlage, die letzte Anschaffung eines neuen Feuerwehrfahrzeugs liegt bei kleinen Landgemeinden nicht selten so lange zurück, dass sich kein aktuell beschäftigter Kommunalbediensteter noch an den letzten Beschaffungsvorgang dieser Art erinnern könnte. 

Einen beachtlichen Problemkreis bildet beim Zuwendungsempfänger das Korsett des Vergaberechts, mitunter eine hochkomplexe Materie für Spezialisten. Die vergaberechtlichen Verpflichtungen ergeben sich aus den Nebenbestimmungen des Bewilligungsbescheids bzw. des Bescheids zur vorzeitigen Beschaffung. Die Anzahl der auftretenden Schwierigkeiten und Risiken einer rechtskonformen Abwicklung ist Legion. Ob im Einzelfall ein Bieter wegen im Raum stehender Änderung der Vergabeunterlagen ausgeschlossen werden muss, ob ein Nebenangebot die geforderten Mindestanforderungen erfüllt und wie es zu werten ist, ob ausnahmsweise wegen Dringlichkeit eine beschränkte Ausschreibung statt einer öffentlichen Ausschreibung zulässig ist, kann von Seiten der Gemeinde oft genug nicht hinreichend sicher beurteilt werden. Verstößt die Gemeinde gegen das von ihr zu beachtende Vergaberecht, so bedeutet dies die Nichterfüllung einer Auflage. Die Bewilligungsbehörde kann dann im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens den Zuwendungsbescheid ganz oder teilweise widerrufen, jedenfalls bei sogenannten „schweren“ Verstößen. Welcher Verstoß schwer und förderschädlich ist, wird oft von Ministerialerlassen mit Regelbeispielen konkretisiert, bleibt im Einzelfall jedoch zweifelhaft.

Neben dem Vergaberecht hat der kommunale Zuwendungsempfänger schon vor Antragstellung über Antragsprüfung, vorzeitigen Maßnahmebeginn, Zuwendungsbescheid und  Verwendungsnachweis bis hin zum Ablauf der Zweckbindung und darüber hinaus ein derart komplexes Feld von Obliegenheiten zu beachten, um Zuwendungen nicht zu gefährden, dass ihm dringend zu empfehlen ist, sich am besten möglichst frühzeitig bei der Zuwendungsbehörde eingehend zu informieren und sich stets mit den staatlichen Behörden intensiv abzustimmen. Dies gebietet nicht nur die Vielzahl der zu beachtenden Vorschriften, welche der einzelne Sachbearbeiter oft gar nicht alle kennen kann. Hinzu kommt, dass die vom Staat selbst gesetzten Regelungen nicht selten interpretationsbedürftig sind. Wird etwa im Kanalbau lediglich die „wirtschaftlichste“ von mehreren möglichen Varianten gefördert und stehen dabei konkret z. B. eine Druckleitung und eine Freispiegelleitung als Alternativlösungen gegenüber, kann zu Wirtschaftlichkeitsfragen (Herstellungs-, Betriebs-, Erhaltungskosten) mitunter ganz unterschiedlich argumentiert werden, mit diametralen Ergebnissen. Im Straßenbau kann es für den Anwender der zuwendungsrechtlichen Bestimmung höchst zweifelhaft sein, bis zu welchem Durchmesser die Neuerrichtung eines Kreisverkehrs förderfähig ist oder ob durch bestimmte bauliche Maßnahmen eine aus straßenrechtlichen Gründen nicht förderfähige Änderung einer Kreuzung hergestellt wird.
Wendet sich der Zuwendungsempfänger zur Vermeidung von Fehlern rechtzeitig an die Zuwendungsbehörde mit der Bitte um Beratung und inhaltliche Abstimmung, wird ihm sein Anliegen in aller Regel nicht verwehrt. Auf Wunsch werden die zuständigen Sachbearbeiter einen Besprechungstermin vereinbaren oder zumindest fernmündlich Auskunft geben. Sollte die Problematik nicht im originären Kompetenzbereich der Zuwendungsbehörde liegen, wird regelmäßig zumindest eine andere staatliche Behörde herangezogen, welche im jeweiligen Fachbereich besser bewandert ist. So wird etwa in Vergaberechtsfragen meist auf die staatlichen „VOB-Stellen“ verwiesen. Im Straßenbau wird beispielsweise die als Zuwendungsbehörde zuständige Bezirksregierung das staatliche Straßenbauamt hinzuziehen.  

Meist wird es nach Gesprächen mit der Zuwendungsbehörde und anderen staatlichen Behörden bei mündlichen Angaben bleiben. Schriftliche verbindliche Auskünfte sind die Ausnahme, Zusicherungen im Sinne der Verwaltungsverfahrensgesetze gibt es so gut wie nie. 

Besonders ärgerlich ist es für Kommunen, wenn die jeweiligen Maßnahmen zeitaufwändig und detailreich mit den Zuwendungsbehörden und den staatlichen Fachbehörden intensiv abgesprochen wurden und Jahre später die staatliche Rechnungsprüfung eine ganz anderen Anwendung der einschlägigen Rechtsvorschriften als “ständige Verwaltungsübung“ behauptet. So werden etwa Förderrichtlinien aus der Sicht des Prüfers zum Teil gegen ihren Wortlaut und gegen langjährige Praxis der Ingenieurbüros ausgelegt, obwohl im zurückliegenden Zuwendungsverfahren eine staatliche Behörde selbst eine ganz andere Information geliefert hatte. Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs ergeht ein Rückforderungsbescheid, der die Haushaltssituation der Kommune mitunter erheblich belastet. Für so manchen Bürgermeister ist es nicht nachvollziehbar, wenn viele Jahre nach Abschluss des gemeindlichen Vorhabens, das ohne staatliche Förderung mitunter gar nicht realisiert worden wäre, Zuwendungen zurückgefordert werden wegen Nichteinhaltung von Zuwendungsvorschriften, welche im Einklang mit den ausdrücklichen Vorgaben der Zuwendungsbehörde oder einer anderen staatlichen Fachbehörde angewandt wurden. 

Nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen steht der Bewilligungsbehörde das Recht zu, rechtswidrige Bewilligungsbescheide, auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder Vergangenheit zurück zu nehmen. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf allerdings aus Vertrauensschutzgründen nur unter Einschränkungen zurückgenommen werden. Die Erfolgsaussicht eines gerichtlichen Vorgehens gegen die Aufhebung des Bewilligungsbescheids und des Rückforderungsbescheids ist indes in vielen Fällen eher gering. Dies gilt auch in der vorgeschilderten Situation, in welcher die monierte Verletzung einer Zuwendungsvorschrift auf fehlerhafte Beratung der Zuwendungsbehörde oder einer anderen staatlichen Fachbehörde zurückzuführen ist. 

Objektive Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheids nach subjektiven Maßstäben der Zuwendungsbehörde

Die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheids entsteht durch einen objektiven Verstoß gegen das zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses geltende Recht, zu welchem auch die bestehenden Verwaltungsvorschriften gehören. Für Zuwendungen ist hierzu maßgeblich, dass auf sie grundsätzlich kein Rechtsanspruch besteht. Sie werden bei Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Ausgestaltung vielmehr nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel vergeben. 

Es obliegt grundsätzlich dem Zuwendungsgeber, das „ob“ und „wie“ der Förderung frei zu bestimmen. Hierbei ist er nur durch den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz bzw. das Willkürverbot (Art. 3 GG) und das Rechtsstaatsprinzip sowie den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung eingeschränkt. Daher kommt es zur Bestimmung der objektiven Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheids darauf an, wie die einschlägigen Vorschriften durch die staatliche Behörde in einer „ständigen Verwaltungsübung“ angewandt werden. Letztlich sind dabei Motive und Anwendungspraxis der Zuwendungsbehörde maßgeblich, weniger Wortlautargumentationen oder die Heranziehung eines „objektiven Erklärungsmaßstabs“. Die für den Bereich der gesetzesfreien Erfüllung öffentlicher Aufgaben erlassenen ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften unterliegen grundsätzlich anders als Rechtsnormen keiner eigenständigen richterlichen Auslegung. Sie begründen nicht unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Bei der gerichtlichen Überprüfung der Anwendung des Zuwendungsrechts durch den Zuwendungsgeber stellen Verwaltungsrichtlinien lediglich Handlungsanweisungen an die Behörden dar, ihnen kommt keine Rechtsnormqualität zu. Sie sind dazu bestimmt, für die Verteilung von Fördermitteln Maßstäbe zu setzen und die Ermessensausübung hinsichtlich der Bewilligungsvoraussetzungen auszuformen. 

Kein Vertrauensschutz - Ungleichbehandlung von Kommunen gegenüber Privaten

Die Bestimmung der objektiven Rechtswidrigkeit nach dem Zuwendungszweck, wie ihn der Zuwendungsgeber versteht, belastet den Zuwendungsempfänger mit erheblicher Rechtsunsicherheit. Eigentlich müsste die Rücknahme des Bewilligungsbescheids unterbleiben, wenn der Begünstigte auf den Bestand des Zuwendungsbescheids vertraut hat und das Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Rücknahme schutzwürdig ist. Dies ist nach der gesetzlichen Regelung dann anzunehmen, wenn der Begünstigte die gewährte Leistung verbraucht hat. Dies sehen die einschlägigen Rechtsvorschriften wie Art. 48 Abs. 2 BayVwVfG oder § 48 Abs. 2 SGBX ausdrücklich vor. Ohne dass die gesetzlichen Regelungen hierzu einen Anhaltspunkt geben würden, werden jedoch die normierten Vertrauenstatbestände den Kommunen als Zuwendungsempfängern aberkannt; s. etwa BayVGH, B. v. 01.10.2015 – 12 ZB 15.1698. Eine Gemeinde könne sich nie gegenüber dem Staat auf Vertrauensschutz berufen. Die gesetzlichen Vertrauenstatbestände gelten nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zwar bei Privaten, nicht aber gegenüber Kommunen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu ist eindeutig; s. BVerwG, Urt. v. 20.6.1967 – V C 175.66; Urt. v. 17.09.1970 - II C 48.68; Urt. v. 29.05.1980 - 5 C 11.78; Urt. v. 11.02.1982 - 2 C 9.81; Beschl. v. 29.04.1999 - 8 B 87.99; BayVGH, Urt. v. 09.08.1999 - 4 B 99.779; Urt. v. 06.04.2001 - 4 B 00.334; Urt. v. 02.05.2005 - 19 B 03.1726; B. v. 27.7.2009 - 4 ZB 07.1132; B. v. 17.11.2010 - 4 ZB 10.1689; B.. v. 11.02.2011 - 4 ZB 09.3145. Die gerichtliche Begründung der Ungleichbehandlung ist stets die gleiche. Zwar soll das Institut des Vertrauensschutzes den Bürger unter gewissen Voraussetzungen in seinem Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit und den Bestand von Maßnahmen der Verwaltung schützen. Anders als private Zuwendungsempfänger seien Gemeinden dem Gemeinwohl und dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verpflichtet, so dass jedenfalls kein vergleichbares Bedürfnis für Vertrauensschutz wie bei Privatpersonen bestehe. Kommunen könnten nicht auf den Fortbestand eines rechtswidrigen Zustandes vertrauen, sondern müssten darauf achten, dass öffentliche Mittel sachgerecht und rechtmäßig verwendet werden. 

Grundsätzlich wird den Kommunen der Vertrauensschutz selbst dann versagt, wenn die fehlerhafte Anwendung der förderrechtlichen Bestimmungen auf falsche Beratung durch die Zuwendungsbehörde selbst oder durch eine andere staatliche Behörde zurückzuführen ist; vgl. BVerwG, Urt. v. 29.05.1980 - 5 C 11.78; Beschl. v. 29.04.1999 - 8 B 87.99; BayVGH, Urt. v. 09.08.1999 - 4 B 99.779; B. v. 17.11.2010 - 4 ZB 10.1689; B.. v. 11.02.2011 - 4 ZB 09.3145. Begründet wird dies etwa mit der „Struktur“ des in den jeweiligen Zuwendungsrichtlinien (Nebenbestimmungen) festgelegten Förderverfahrens, in dem der Zuwendungsbescheid Zuwendungen lediglich in Aussicht stellt und so dem Antragsteller das Risiko vollständig zugewiesen wird.  Es sei das Recht des Fördergebers, die Bewilligung der finanziellen Mittel von solchen Nebenbestimmungen abhängig zu machen, auf welche sich die Gemeinde durch Beantragung der Fördermaßnahme und Hinnahme des (bestandskräftig werdenden) Bescheids einlasse; s. BayVGH, B. v. 17.11.2010 - 4 ZB 10.1689. Ausnahmen können allenfalls über verwaltungsrechtliche Zusicherungen angenommen werden, wenn etwa ein „hoher Beamter“ fehlerhaft beraten oder verbindliche Zusagen erteilt hatte. Dies wird in aller Regel nicht der Fall sein.

Schwierige Durchsetzung von eventuellen Amtshaftungsansprüchen

Wenn eine fehlerhafte Beratung durch eine staatliche Behörde ursächlich für ein förderschädliches Verhalten der Zuwendungsempfängerin war, kommt zwar ein Amtshaftungsanspruch der Gemeinde zumindest in Betracht. In der Praxis wird ein solcher jedoch schwer zu realisieren sein. 

Im Verwaltungsprozess gegen Rücknahme- und Rückforderungsbescheid wird der Amtshaftungsanspruch nicht vorab geprüft, da dieser stets im Zivilrechtsweg geltend zu machen ist. Mit einem solchen könnte gegen einen Anspruch des Staates auf Rückforderung einer Zuwendung im Verwaltungsrechtsweg nur aufgerechnet werden, wenn der Amtshaftungsanspruch rechtskräftig festgestellt oder unbestritten ist. Außerdem könnten sich im Verwaltungsprozess erst dann zwei selbständige, miteinander aufrechenbare Forderungen gegenüberstehen, wenn der den Amtshaftungsanspruch auslösende Schaden mit Bestandskraft des Rückforderungsbescheides und der deswegen erfolgten Begleichung des Rückforderungsanspruches eingetreten ist. Da es der Gemeinde freistehe, sich mit ihrem dem Grunde und der Höhe nach zweifelhaften Anliegen insoweit an die dafür zuständige Zivilgerichtsbarkeit zu wenden, ginge im Verwaltungsprozess auch ein „dolo facit“- Einwand fehl. Dessen ungeachtet werden im Einzelfall gegen Grund und Höhe von Amtshaftungsansprüchen „erhebliche Zweifel“ geäußert, etwa in Hinblick auf eine fragliche schadensbegründende Kausalität des Handelns der staatlichen Behörde und auf die Höhe des Schadens, etwa wegen des werthaltigen Vorteils des Erhalts der beschaffenen Leistung. 

Zeitlich unbeschränkte Möglichkeit zur Rücknahme des Bewilligungsbescheids 

Gemäß Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG ist die Rücknahme eines Bewilligungsbescheids nur innerhalb eines Jahres zulässig seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme der Tatsachen, welche die Rücknahme rechtfertigen. Nach Ansicht der Rechtsprechung ist dies faktisch zeitlich unbeschränkt möglich, was mit dem Vertrauensschutzgedanken (!) begründet wird; s.  B. d. Großen Senats des BVerwG v. 19.12.1984 - BVerwG Gr. Sen. 1 und 2.84, außerdem BayVGH, Urt. v. 06.04.2001 - 4 B 00.334; Urt. v. 02.05.2005 - 19 B 03.1726. Demnach gehören zum notwendigen Kenntnisstand der Behörde  i. S. v. Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG  auch alle Tatsachen, die im Falle des § 48 Abs. 2 BayVwVfG das Vertrauen des Begünstigten in den Bestand des Verwaltungsaktes begründen oder ausschließen, zum anderen die für die Ermessensausübung wesentlichen Umstände. Dies entspreche dem Zweck der Jahresfrist, welche keine Bearbeitungsfrist sei, sondern eine „Entscheidungsfrist“, die „sinnvollerweise erst anlaufen kann, wenn der zuständigen Behörde alle für die Rücknameentscheidung bedeutsamen Tatsachen bekannt sind.“ S. B. d. Großen Senats des BVerwG v. 19. 12. 1984 - BVerwG Gr. Sen. 1 und 2.84. Bei dieser ohnehin restriktiven Anwendung der Jahresfrist reicht es nicht aus, dass die für die Rücknahme des Verwaltungsaktes zuständige Behörde als solche von den die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen und Umständen positive Kenntnis erhält. Maßgeblich soll erst der nach der innerbehördlichen Geschäftsverteilung zur Rücknahme berufene Amtswalter oder ein sonst innerbehördlich zur rechtlichen Überprüfung berufener Amtswalter sein, dem die Tatsachen vollständig bekannt sind.

Diese Rechtsprechung kann von der Verwaltungspraxis herangezogen werden, die in den Verwaltungsverfahrensgesetzen eigentlich zum Schutze der Betroffenen vorgesehene Anhörung zum Hinausschieben des  Beginns der Jahresfrist zu instrumentalisieren. Selbst wenn die staatliche Rechnungsprüfung über Jahre hinweg Untersuchungen vorgenommen und in Kenntnis sämtlicher Unterlagen die Vorgänge in etlichen Besprechungen mit Vertretern der Kommune erörtert hat, wird vor Erlass des Rückforderungsbescheides noch einmal schriftlich Gelegenheit zur Anhörung gegeben. Auch wenn die Gemeinde zu diesem Zeitpunkt beim besten Willen nicht mehr die Möglichkeit hat, einen für die Behördenentscheidung relevanten neuen Vortrag zu liefern, wird die letzte Anhörungsmöglichkeit für den Beginn der Jahresfrist herangezogen.

Abschnitt von Regressmöglichkeiten der Gemeinde

Die rechtlichen Möglichkeiten, den Bewilligungsbescheid faktisch zeitlich unbeschränkt zurücknehmen zu können, benachteiligt Kommunen als Zuwendungsempfänger besonders, wenn diesen dadurch Regressmöglichkeiten gegen ehemals beauftragte externe Planer abgeschnitten werden. Oftmals ist es fehlerhaftes Verhalten von Architekten, Ingenieuren oder Sonderfachleuten vor Beginn und während der Durchführung der an sich zuwendungsfähigen Beschaffungsmaßnahme, welches (mit-)ursächlich für den späteren Verlust von Zuwendungen ist. Besonders häufig handelt es sich um Fehler innerhalb der Grundleistungen der Vorbereitung der Vergabe und der Mitwirkung der Vergabe. Auch Missverständnisse bei der direkten Kommunikation und Abstimmung zwischen extern beauftragten Planern der Kommune und den staatlichen Behörden sind oft genug Grund für spätere Zuwendungskürzungen.

Schadenersatzansprüche gegen Planer verjähren innerhalb der werkvertraglichen Fristen, beginnend mit der Abnahme der Planerleistungen, ungeachtet der Kenntnis der den Schaden begründenden Tatsachen. Berücksichtigt man, dass die staatliche Rechnungsprüfung ohnehin lediglich in einem mehrjährigen Turnus stattfindet, wirkt sich die Qualifizierung der Jahresfrist gem. Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG als bloße Entscheidungsfrist, nicht aber als Bearbeitungsfrist besonders negativ aus. Der Rücknahmebescheid ergeht gerade deshalb oft erst nach Eintritt der Verjährung von Regressansprüchen gegen den Planer.

Zinsen
    
Soweit der Bewilligungsbescheid zurückgenommen wird, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, Art. 49 a Abs. 1I VwVfG. Der zu erstattende Betrag ist gem. Art. 49a Abs. 3 BayVwVfG vom Eintritt der Unwirksamkeit des Zuwendungsbescheids zu verzinsen, nicht etwa erst mit Erlass des Rückforderungsbescheids. Da Art. 49 a Abs. 1 BayVwVfG die Erstattungspflicht für den Fall der rückwirkenden Aufhebung des Verwaltungsaktes regelt, besteht die gesetzliche Pflicht auf Verzinsung regelmäßig ab dem Zeitpunkt des ursprünglichen, oft etliche Jahre zuvor erlassenen Bewilligungsbescheids bzw., wenn die Auszahlung der Zuwendungen später erfolgte, ab dem Zeitpunkt der Leistung.

Nach der Rechtsprechung steht ein möglicher Amtshaftungsanspruch einem Anspruch auf Verzinsung der Rückforderung der Zuwendung nicht entgegen. Die Kommune hat daher die zurückzuzahlenden Beträge seit Erhalt der Leistung rückwirkend zu verzinsen, selbst wenn die Rechtswidrigkeit des Bescheids in einem ehemaligen Fehlverhalten der staatlichen Behörde selbst begründet ist. Die Verwaltungsgerichte treten hier einer „Vermengung“ rein förderrechtlich zu entscheidender Fragen nach der Rückforderung einer rechtswidrigen Förderung nebst dem gesetzlich vorgeschriebenen Zinsanspruch mit der weiteren Frage eines eventuell gegenüber der Zuwendungsbehörde noch zu prüfenden Amtshaftungsanspruches entgegen. Letzterer könne indessen noch nicht geltend gemacht werden; s. BayVGH, B. v. 27.7.2009 – ZB 07.1132; B. v. 11.02.2011 - 4 ZB 09.3145 mit Verweis auf § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG, Art. 34 Satz 3 GG.


Kritik 

Die geschilderte Rechtsprechung findet bei den betroffenen Kommunen nur schwer Akzeptanz. Die zu beachtenden Vorschriften sind derart komplex und vielgestaltig, dass mit entsprechend genauer Prüfung bei einem Großteil der geförderten Maßnahmen Rückforderungsmöglichkeiten erkannt werden können. Faktisch kann der Staat so zu Lasten der Kommunen Haushalte aufbessern, ohne unbeliebte Maßnahmen wie Steuererhöhungen oder Ausgabenkürzungen vornehmen zu müssen. Dies gilt zumal dann, wenn der Inhalt von Zuwendungsvorschriften entgegen früheren Bekundungen der staatlichen Behörde bestimmt werden kann, Vertrauensschutz für Kommunen grundsätzlich versagt wird, die Jahresfrist als bloße Entscheidungsfrist qualifiziert wird, Amtshaftungsansprüche kaum realisierbar sind und rückwirkende Zinszahlungsverpflichtungen auch bei vorangegangener staatlicher Falschberatung zugestanden werden.

Am schwersten nachvollziehbar ist für Kommunen die generelle Versagung von Vertrauensschutz. Die Gerichte verwenden hier formelhaft stets die gleiche Begründung ohne Auseinandersetzung mit der Tatsache, dass auch Kommunen verfassungsmäßig garantierte Rechte zustehen. Art. 28 II GG enthält eine „institutionelle Garantie“, welche Gemeinden das Recht gewährleistet, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln. Eine traditionelle Ausprägung dieses Selbstverwaltungsrechts ist dabei die Finanzhoheit. Sie umfasst prinzipiell ein Grundmaß der Einnahmehoheit wie ein solches der Ausgabenhoheit im Rahmen eines gesetzlich geordneten Haushaltswesens. Die staatliche Gesetzgebung ist daran gehindert, die Selbstverwaltung so weit einzuengen, dass sie innerlich ausgehöhlt wird und die Gelegenheit zu kraftvoller Betätigung verliert; s. BVerfGE 1, 167/178. Gem. Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte (neben den Art. 1 – 18 GG auch die „Verfahrensgrundrechte“ des Art. 19 IV GG und Art. 101 – 104 GG) für Gemeinden zwar nur, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Das BVerfG spricht zwar im Allgemeinen den Gemeinden die Fähigkeit ab, sich im Wege der Verfassungsbeschwerde auf Grundrechte, etwa des Eigentums (Art. 14 I GG) zu berufen; vgl. BVerfGE 21, 362. Allerdings weicht von dieser Rechtsprechung der BayVerfGH unter Berufung auf die bayerische Verfassung ausdrücklich ab, indem er auch Gemeinden das Grundrecht auf Eigentum zubilligt, da der Schutzbereich der Grundrechte durch das Landesverfassungsrecht über das Bundesverfassungsrecht hinaus erweitert werden kann (vgl. Art. 142 GG); BayVerfGH 5, 1; 10, 113; 19, 16; 20, 114; 22, 48; 23, 62; 26, 144; 27, 14; 29, 105.

Öffentliche Abgaben und der eigene Vermögenshaushalt als Einnahmequellen reichen Kommunen bei der Erfüllung ihrer mannigfaltigen Aufgaben bei Weitem nicht aus. Staatliche Finanzzuweisungen haben deshalb eine immer größere Bedeutung erlangt. Bereits im Vorfeld der Verfassungsreform von 1994 war sich die gemeinsame Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat einig, dass die kommunale Selbstverwaltung zunehmend von rechtlichen Vorgaben der europäischen Gemeinschaft, des Bundes und der Länder betroffen ist. Hinzu kommt, dass durch den Abbau von kommunalen Steuern und deren Ersatz durch staatliche Zuweisungen eine zunehmende Einflussnahme des Staates auf die Kommunen erfolgt. Für die Träger kommunaler Aufgaben wird es daher immer schwieriger, den Selbstverwaltungsangelegenheiten nachzukommen. Während diese Erkenntnisse zu einer Aufnahme des neuen S. 3 in Art. 28 Abs. 2 GG führten, haben sich seitdem die Möglichkeiten der Kommunen zur Wahrnehmung der Selbstverwaltungsangelegenheiten in finanzieller Eigenverantwortung nicht verbessert. Im Gegenteil. 

Wenn der Staat die Kommunen zur Finanzierung ihrer Aufgaben immer mehr von staatlichen Zuwendungen abhängig macht, erscheint es unangemessen, quasi unbefristet den Vertrauensschutz selbst bei staatlicher Fehlberatung abzusprechen. Bei einer Vielzahl der geförderten Maßnahmen ist es gerade der Staat, welcher den Kommunen mit Fördermitteln die entscheidenden Anreize zur Durchführung von Vorhaben gibt, die anderweitig mangels Mittel nicht realisierbar wären. Die Motive des Staates sind dabei durchaus eigennützig. Keineswegs sollen staatliche Zuwendungen lediglich rein kommunalen Zwecken dienen. Nach Art. 44 Abs. 1 S. 1 BayHO i.V.m. Art 23 BayHO dürfen Ausgaben für Leistungen an Stellen außerhalb der Staatsverwaltung zur Erfüllung bestimmter Zwecke (Zuwendungen) nur veranschlagt werden, wenn der Staat an der Erfüllung durch solche Stellen ein erhebliches Interesse hat, das ohne die Zuwendung nicht oder nicht im notwendigen Umfang befriedigt werden kann. 

Ein Blick auf die Fülle der im Grundsatz förderfähigen Maßnahmen lässt nicht nur deren Bedeutung für das örtliche Gemeinwesen, sondern die Leistungen der Kommunen für das gesamtstaatliche Interesse ins Bewusstsein rücken. Letztlich handelt es sich in der Summe um enorme Leistungen für den Staat mit herausragender Bedeutung für Wirtschaftsförderung, Verkehrs-/Infrastruktur, Wasserwirtschaft, Wissenschaft, Bildung, Kultur, Soziales, Familie, Gesundheit, Umweltschutz etc. Der Staat hat ein originäres Interesse, dass sich die Kommunen in den betroffenen Bereichen hinreichend betätigen. Zurückhaltung der Kommunen in der Realisierung entsprechender Maßnahmen, etwa mangels Rechtssicherheit in der Finanzierung, kann nicht im Interesse des Staates sein. Die haushaltsrechtliche Situation der Kommunen ist fast überall ohnehin stark angespannt. Der Staat läuft Gefahr, dass sich Städte und Gemeinden für Investitions- und Modernisierungsmaßnahmen künftig immer weniger engagieren, wenn ihnen über viele Jahre gravierende finanzielle Risiken für das endgültige Behaltendürfen der Fördermittel aufgebürdet werden. 


Fazit

Den von einer staatlichen Rechnungsprüfung betroffenen Kommunen ist zu raten, den mitunter etliche Jahre zurückliegenden Lebenssachverhalt möglichst frühzeitig umfassend aufzuarbeiten und rechtlich fundiert vorzutragen. Die Zuwendungsbehörde ist immerhin verpflichtet, ihr pflichtgemäßes Ermessen über die Rücknahme des i. d. R. bereits unanfechtbar gewordenen Bewilligungsbescheids auszuüben. Stets zu beachten sind der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Übermaßverbot. Alle wesentlichen Gesichtspunkte sind bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Diese Pflicht zur Ermessensausübung führt dazu, dass die Zuwendungsbehörde den Zuwendungsbescheid nicht in jedem Falle zurücknehmen muss. Andernfalls müsste sie ihr Ermessen nicht mehr ausüben. 

Nach Möglichkeit sollten Gütegespräche mit Vertretern der Zuwendungsbehörde und der Rechnungsprüfung vereinbart werden, am besten unter Hinzuziehung der ehemals im Bewilligungsverfahren mitwirkenden Sachbearbeiter der staatlichen Behörden und der damals für die Kommune tätigen Planer und Projektanten. (Soweit Regressforderungen gegen Planer in Betracht kommen, wären ehestmöglich verjährungshemmende Maßnahmen einzuleiten. Regelmäßig wird die Berufshaftpflichtversicherung bei Meidung einer vorzeitigen Feststellungsklage mit einer Verjährungsverzichtserklärung des Planers einverstanden sein, soweit nicht bereits Verjährung eingetreten ist.) Werden hier entlastende Umstände wie etwa Vertrauensschutzaspekte glaubhaft vorgetragen, werden beispielsweise Mitarbeiter der Zuwendungsbehörde mit früheren Falschberatungen oder  „Zusagen“ konfrontiert, wird dies möglicherweise im Rahmen der Ermessensausübung berücksichtigt und von einer Rücknahme Abstand genommen. Oft gelingen auch gütliche Einigungen, welche für das kommunalrechtlich zuständige Entscheidungsgremium akzeptable Lösungen darstellen. 

Ist ein Rücknamebescheid einmal erlassen, wird es schwer, die ausgeübte Ermessensentscheidung vor dem Verwaltungsgericht erfolgreich anzugreifen. Im Einzelfall muss geprüft werden, ob innerhalb des Ermessensspielraums Sinn und Zweck der einschlägigen Vorschriften rechtsfehlerfrei beachtet und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens (Ermessensüberschreitung, Ermessensfehlgebrauch, Ermessensausfall) eingehalten wurden. Dabei ist eine Gesamtschau vorzunehmen, welche im Ausnahmefall eine Rückforderung der Zuwendung verbieten kann. So liegt etwa ein Ermessensfehler vor, wenn die Behörde das Gewicht der gegen die Rücknahme sprechenden Belange des Zuwendungsempfängers zu gering und die für die Rücknahme sprechenden Belange zu hoch ansetzt. Auch wenn ermessensbedingte Verwaltungsvorschriften die einheitliche Handhabung der Wahrung des Gleichheitsgebots gewährleisten, wird die zu treffende Entscheidung nicht zu einer gebundenen Entscheidung. Daher bleibt eine Abweichung von einer als Muss-Vorschrift ausgestalteten Verwaltungsvorschrift möglich, soweit wesentliche Besonderheiten sie rechtfertigen. 


Dr. Andreas Zöpfl
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Vergaberecht
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Fachanwalt für Baurecht und Architektenrecht